Das Sexualstrafrecht: Ein Überblick im Begriffsdschungel – ein Beitrag von Dr. Jennifer Grafe, LL.M.

Man hört und liest die Begriffe „sexualisierte Gewalt“, manchmal auch „sexueller Missbrauch“ oder „sexuelle Nötigung“, manchmal synonym, manchmal in Abgrenzung zueinander, in der Presse und den sozialen Medien. Nicht selten sind die Begrifflichkeiten unscharf und lassen erahnen, dass der*die Autor*in sich ebenfalls nur wenig bis gar nicht mit der Herkunft der Begriffe beschäftigt hat. Daher folgt ein kleines Lexikon, wie alle diese Begriffe strafrechtlich richtig zu verwenden sind und welche dieser Begriffe vielleicht nicht einmal einen strafrechtlichen Hintergrund haben. Nicht alle Formen sexualisierter Gewalt lassen sich diesen Begriffen unterordnen. Einige wenige haben eigene, konkrete Namen bekommen (zum Beispiel „Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen“ – in der Umgangssprache auch als Upskirting oder Downblousing bekannt), andere wiederum sind nicht strafbar oder unterfallen Straftatbeständen, die auch außerhalb sexualisierter Gewalt Anwendung finden, wie etwa die Beleidigung in Bezug auf das sogenannte Catcalling.

Die strafrechtlichen Begriffe

„Gewalt“: Wird eine Person zum Beispiel gegen ihren Willen festgehalten, geschlagen oder eingesperrt und sodann sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen, dann liegt körperlicher Zwang vor. Die Vergewaltigung ist eine Sonderform dieser Gewalt und verlangt das Eindringen in den Körper des Opfers.

Sexueller Übergriff“: Ein sexueller Übergriff liegt vor, wenn das Opfer betrunken ist oder unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln steht oder es zum Beispiel aufgrund einer geistigen Behinderung ansonsten nicht in der Lage ist, einer sexuellen Handlung überhaupt zuzustimmen und der*die Täter*in trotzdem sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt.

Sexuelle Nötigung“: Droht ein Chef mit der Kündigung, wenn die Angestellte keine sexuellen Handlungen mit ihm vorliegt oder verspricht die Hausdetektivin dem Ladendieb, ihn nicht anzuzeigen, wenn er im Gegenzug sexuelle Handlungen an ihr vornimmt, wird dem Opfer also mit einer negativen Konsequenz gedroht, dann handelt es sich um eine sexuelle Nötigung.

Sexuelle Belästigung“: Fasst eine Person einer anderen etwa auf das Gesäß oder die Brust, zum Beispiel in der Straßenbahn oder im Club, dann handelt es sich um eine belästigende körperliche Berührung, die das Strafrecht sexuelle Belästigung nennt.

Sexuelle Handlung“: Das Gesetz spricht nach wie vor einheitlich von sexuellen Handlungen. Eine genaue Definition dafür gibt es nicht, es kommt darauf an, dass ein den Vorgang wahrnehmender objektiver Beobachter den Sexualbezug bejahen würde. Einige verstehen unter dem Begriff „sexuell“ jedoch ausschließlich einverständliche Handlungen, der Begriff „sexualisiert“ wird politisch eingefordert und soll sich davon abgrenzen und betonen, dass es bei derartigen Handlungen um Macht und Gewalt geht. Das Strafrecht braucht diese Abgrenzung nicht. Denn die allgemeine Handlungsfreiheit ermöglicht es, in jede strafbare Handlung gegen sich selbst einzuwilligen, sich also damit einverstanden zu erklären. BDSM-Praktiken etwa unterfallen nicht selten einem Straftatbestand, sind aber selbstverständlich straflos, wenn beide mit der Vornahme einverstanden sind.

„Pornographie“: Das wesentliche Charakteristikum von Pornographie liegt darin, dass sie ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes zielt. Darüber hinaus ist man sich in der Rechtswissenschaft uneinig, wie sich Pornographie genau definieren lässt. Kritiker*innen sind hier der Meinung, Pornographie verharmlose das, was das Strafrecht unter Strafe stellen möchte, weil der Begriff auch für nicht strafrechtlich relevante Filme, Videos und anderes Bildmaterial verwendet werde.

„Sexualisierten Gewalt“: Der Begriff „sexualisierte Gewalt“ wird nicht nur in der Presse und den sozialen Medien, sondern zum Beispiel auch in den Sozialwissenschaften verwendet. Eine eindeutige Definition sucht man vergebens. Vielmehr dient er als Oberbegriff für alle Handlungen, die das Recht des Menschen auf sexuelle Selbstbestimmung verletzten. Also solche sexuellen Handlungen, die aufgedrängt oder aufgezwungen werden. Nicht selten wird damit ein Mensch erniedrigt oder kleingemacht. Für das Strafrecht eignet sich so ein Begriff, der derart unterschiedlich verwendet und verstanden werden kann, daher nicht. Denn zum einen ist es nicht eindeutig, welche Handlungen genau erfasst sein sollen, zum anderen stellt das Begriffsverständnis oft auf das subjektive Empfinden des Opfers ab, also darauf, was der*die Einzelne*r als Überschreitung der eigenen Grenzen empfindet. Damit aber alle Bürger*innen genau wissen, welche Handlungen unter Strafe stehen, müssen im Strafgesetzbuch eindeutig und unmissverständlich die Handlungen erklärt werden, die verboten sind. Dazu gehört auch, dass es nicht vom Empfinden einer Person abhängen darf, ob eine Handlung strafbar ist, sondern dass von außen erkennbar ist, ob es sich gerade um eine einverständliche Handlung handelt oder nicht.

Darüber hinaus ist der in der „sexualisierten Gewalt“ vorkommende Begriff „Gewalt“ problematisch, weil das Strafgesetzbuch seit mehr als einem Jahrhundert unter „Gewalt“ in anderen Straftatbeständen (zum Beispiel der Nötigung oder dem Raub) jede körperliche Tätigkeit versteht, durch die körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Das heißt Gewalt geht immer einher mit einer Einwirkung auf den Körper. Zudem muss von dem Opfer Widerstand erwartet werden. Auf ganz viele Formen der umgangssprachlich als sexualisierte Gewalt bezeichneten Handlungen, wie etwa das heimliche Fotografieren des Intimbereichs oder das unerwartete Anfassen der bekleideten Brust, trifft das gar nicht zu. Der Begriff „Gewalt“ deckt im Strafrecht gemäß der strafrechtlichen Definition somit einen viel kleineren Anwendungsbereich ab, als politisch mit der Bezeichnung „sexualisierte Gewalt“ gemeint ist und wird daher im Strafgesetzbuch auch nicht pauschal verwendet.

Dr. Jennifer Grafe, LL.M., ist Juristin und Wissenschaftlerin und forscht und lehrt im Bereich Strafrecht und Strafprozessrecht mit besonderem Fokus auf Sexualstrafrecht und im Bereich Queer Law und Queer Legal Theory an der Ruhr-Universität Bochum und an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Zum Weiterlesen:

Julia Habermann: Partnerinnentötungen und deren gerichtliche Sanktionierung. Eine vergleichende Urteilsanalyse zu Partnerinnentötungen als Form des Femizids, (zuletzt abgerufen am 13.05.24).

Deutscher Juristinnenbund: Stellungnahme: 23-02 zum Entwurf der „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ vom 08.03.2022, Stellungnahme vom 10.02.2023, (zuletzt abgerufen am 13.05.24).

Deutscher Juristinnenbund: Offener Brief: 24-01, Frauen fordern ihre Rechte ein: Dringender offener Brief an Justizminister Buschmann (FDP) und die Bundesregierung zu ihrer Blockade-Haltung zum EU-weiten Schutz von Millionen von Frauen vor Gewalt, Offener Brief vom 31.01.2024 (zuletzt abgerufen am 13.05.24).

Deutscher Juristinnenbund: Pressemitteilung: 24-10, Wichtig trotz großer Leerstelle: djb begrüßt EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Pressemitteilung vom 08.02.2024 (zuletzt abgerufen am 13.05.24).

Die Reise der Ruhr-Universität zu mehr Vielfalt und Inklusion: Einblick in aktuelle Entwicklungen – ein Beitrag von Alexandra Wassermann

Die Ruhr-Universität Bochum ist schon immer ein Ort der Vielfalt und des Engagements. Doch wie genau arbeitet die Universität daran, Diversität zu fördern? Lassen Sie uns einen Blick auf die spannenden Entwicklungen werfen, die seit der Einrichtung des Prorektorats für Diversität, Inklusion und Talententwicklung im November 2021 stattgefunden haben:

Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist das Audit „Vielfalt Gestalten“ des Stifterverbands. Dieses Audit ermöglicht es unserer Universität, ihre Diversitätsstrategien systematisch zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Diversität ist dabei kein isoliertes Thema, sondern umfasst Aspekte wie Gleichstellung, Inklusion und Antidiskriminierung.

Ein zentrales Ziel der Diversitätsstrategie der RUB ist es, Diversität fest in den Strukturen der Universität zu verankern. Das bedeutet, dass Diversitätsmaßnahmen langfristig und unabhängig von Einzelpersonen oder Projekten fortgeführt werden sollen.

Die Universität arbeitet auch auf regionaler Ebene eng mit anderen Universitäten zusammen, um die Förderung von Diversität zu verstärken und Ressourcen effektiver zu nutzen. Gemeinsam mit den Universitäten in der Region Ruhr (UA-Ruhr) werden Kräfte gebündelt, um das Thema Diversität voranzutreiben.

Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, eine Universitätskultur zu schaffen, in der Vielfalt und Inklusion als selbstverständlich betrachtet werden. Menschen sollen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Identität, ihrer Religion u.a.m. gleichermaßen gefördert werden.

Die Universität strebt darüber hinaus danach, Strukturen zu schaffen, die das Engagement von Einzelpersonen mit Blick auf die Wahrnehmung und Förderung von Diversität honorieren und unterstützen.

Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet die Universität in einem strukturierten Prozess. Eine Steuerungsgruppe, bestehend aus verschiedenen Mitgliedern der Universität, lenkt und koordiniert den Prozess. Diese Gruppe stimmt sich regelmäßig mit einem größeren Lenkungskreis (Universitätskommission für Diversität) ab, um sicherzustellen, dass alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden.

Ein wichtiger Teil dieses Prozesses sind Workshops, die von der Auditorin geleitet werden. In diesen Workshops werden die bisherigen Fortschritte bewertet, analysiert und Maßnahmenideen entwickelt. Es wird reflektiert, was bereits gut läuft und an welchen Punkten noch Verbesserungspotenzial besteht.

Zu unserem ersten Workshop im April 2023 öffneten wir die Türen für die gesamte Hochschulgemeinschaft. Die Resonanz war überwältigend und der Workshop ein voller Erfolg. Aufgrund dieses positiven Feedbacks haben wir beschlossen, diesen Workshop zu einem jährlichen Ereignis zu machen.

Jetzt möchten wir Sie einladen, sich aktiv am Diversity-Tag zu beteiligen. Nehmen Sie teil an unserem Workshop mit dem Titel „Diversity Dialog mit der Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung“. Ihre Perspektive ist uns wichtig, um gemeinsam Ziele zu erreichen und eine inklusive Universität für alle zu schaffen.

Der Workshop findet am 29. Mai 2024 von 9 bis 11 Uhr im UFO statt. Wir freuen uns darauf, Sie dort begrüßen zu dürfen. Informationen zur Anmeldung finden Sie in Kürze auf https://uni.ruhr-uni-bochum.de/de/diversity-day.

Alexandra Wassermann ist Referentin der Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung und koordiniert das Diversity-Audit „Vielfalt Gestalten“ der Ruhr-Universität Bochum.

Weiterführende Links zum Instagram-Post: Safe Abortion Day

Hier sind nachfolgend ein paar Links, falls ihr euch nach dem letzten Post weiter mit dem Thema beschäftigen wollt.

Ihr wusstet gar nicht, dass man uns auf Insta findet? Schaut mal hier.

Human rights including a supportive framework of law and policy (1.3.1) – Abortion care guideline (srhr.org)

Anlaufstellen:

Gynformation

Schwangerschaftsabbruch — Doctors for Choice Germany

Hilfetelefon – Schwangere in Not: Startseite

Ungeplant schwanger – familienplanung.de

Weiterführende Links zum Instagram-Post: Was ist Sexismus?

Hier sind nachfolgend ein paar Links, falls ihr euch nach dem letzten Post weiter mit dem Thema beschäftigen wollt.

Ihr wusstet gar nicht, dass man uns auf Insta findet? Schaut mal hier.

Literatur:

„Unsichtbare Frauen – Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkeru ignoriert“ von Caroline Criado-Perez, 2020

„Closing the Gender Pay Gap in Medicine – A Roadmap for Healthcare Organizations and the Women Physicians Who Work for Them“ von Amy S. Gottlieb, 2021

„The Pink Tax – Dismantling A Financial System Designed To Keep Women Broke“ von Janine Rogan, 2023

„Sei kein Mann – Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist“ von J J Bola, 2021

„Der gemachte Mann – Konstruktion und Krise von Männlichkeiten“ von Raewyn Connell, 2015

Podcasts

Let’s talk about Sexism- Podcast

Feuer und Brot, Folge: Schön vs. Schlau – Sexismus im Feminismus

Linke Theorie, Folge: Sexismus

Die Alltagsfeministinnen, Folge: Kein Kompliment – So entlarvst du benevolenten Sexismus

Überlieben, Folge: „Aber nicht alle Männer…“ – Sexismus, Übergriffe und male privilege

https://open.spotify.com/episode/4MpMILM69bUaV75M636I7C?si=be6415df428748ab

Update UNSER CAMPUS Juni 2023

Liebe Interessierte,

UNSER CAMPUS ist seit Mai 2023 wieder gegen Sexismus und sexualisierte Diskriminierung an der RUB aktiv.

Das Projekt ist nun an die Stabsstelle für Diversität und Antidiskriminierung angebunden und wird bald auch auf Instagram zu finden sein. Mit neuem Logo, Ideen und Konzepten möchten wir das Thema Sexismus auf den Campus bringen und mit einem mehrdimensionalen Ansatz potenzielle Aggressor*innen, von sexualisierter Belästigung potenziell Betroffene und universitäre Strukturen adressieren.

Wir sind bereits in der Planung verschiedener Workshops und Mitmach-Aktionen und einer Kampagne zur Sensibilisierung an der RUB. Diese werden über die Website und über Instagram angekündigt werden – stay tuned!

Über Impulse, Kooperationsanfragen und vieles mehr an unsercampus@ruhr-uni-bochum.de freuen wir uns.

Nina Bartholomé, Projektkoordinatorin

Queer an der Hochschule: ein Vortrag mit Felicia Ewert

Im letzten Vortrag für das Sommersemester 2022 der Vortragsreihe ‚Hochschule & Intersektionalität‘ spricht Felicia Ewert zu der Situation von queeren und trans Studierenden an Universitäten und über die rechtliche Lage von trans Menschen in Deutschland.

 

 

Der Vortrag umfasst eine Aufklärung über gängige diskriminierende Begriffe und zeigt wie sie im Alltag verankert sind. Die Referentin beschäftigt sich mit der Existenz von offen transfeindlichen Personen und Organisationen. Hierin wird auch dargestellt, dass Transfeindlichkeit ein verbindendes Element (Querfront) zwischen entgegengesetzten politischen Strömungen sein kann. Wie tief deutsches Recht in die Leben von trans Personen eingreift, zeigt sie mit einem Überblick über das sogenannte „Transsexuellengesetz“ und widmet sich der Frage, was *wir alle* tun müssen, um bestehende diskriminierende geschlechtliche Vorstellungen zu erkennen und abzubauen.

Wir haben außerdem das Autonome Schwulenreferat und das Autonome Frauen*Lesbenreferat der RUB eingeladen, damit diese über ihre Arbeit an der Hochschule berichten können.

Die kooperative Vortragsreihe wird organisiert von ‚Unser Campus – Kampagne gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt an der RUB‘ und dem AStA-Projekt ‚RUB bekennt Farbe‘.

 

Rassismus und Antirassismus im Hochschulkontext: ein Vortrag mit Nezihe Erul

Am 20.06.2022 findet der zweite Vortrag unserer Vortragsreihe ‚Hochschule und Intersektionalität‘, die wir in Zusammenarbeit mit dem AStA-Projekt RUB bekennt Farbe organisieren, statt.

 

 

Wir freuen uns auf den Vortrag Antirassismus im Hochschulkontext von Nezihe Erul, Trainerin für Diversity, Empowerment, Rassismus- & Diskriminierungskritik.

In dieser Veranstaltung soll es um Rassismus und Antirassismus gehen. Wie können wir Rassismus und weitere Diskriminierungsformen erkennen?

Gemeinsam wollen wir in diesem Vortrag unsere Wahrnehmung bezüglich rassistischer Handlungen und rassistischer Strukturen schärfen. Dieser Vortrag möchte Impulse setzen und lädt ein, sich in einen Reflexionsprozess zu begeben, um – im Idealfall- auf unsere Welt rassismuskritisch zu blicken und zu hinterfragen.

Mädchen und (junge) Frauen mit Behinderung und chronischer Erkrankung: ein Vortrag von Melina Holz

Am 30.05.2022 geht unserer Vortragsreihe ‚Hochschule und Intersektionalität‘, die wir in Zusammenarbeit mit dem AStA-Projekt RUB bekennt Farbe organisieren, in die zweite Runde!

Wir freuen uns auf den Vortrag Mädchen und (junge) Frauen mit Behinderung / chronischer Erkrankung – Gewaltbetroffenheit und Gewaltprävention von Melina Holz, Mitarbeiterin in der Fachstelle für Gewaltprävention und Gewaltschutz für Mädchen und junge Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung – Mädchen sicher inklusiv. Melina Holz lebt ohne Behinderung und spricht daher aus ihrer Position als Unterstützungsperson heraus.

In einem roten Rahmen ist das Foto der Referentin Melina Holz der Fachstelle Mädchen.Sicher.Inklusiv zu sehen. Daneben ist dunkellila Schriftfeld mit folgendem Text: Mädchen und (junge) Frauen mit Behinderung/ chronischer Erkrankung: Gewaltbetroffenheit und Gewaltprävention. 30.05. 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr mit Melina Holz. Anmeldung unter unsercampus@rub.de. Darunter die Logos von RUB bekennt Farbe und Unser Campus.

 

Mädchen und (junge) Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung werden in unserer Gesellschaft auf mehreren Ebenen diskriminiert. Ableismus und Sexismus begegnen den Mädchen und Frauen täglich. Die Auswirkungen sind weitreichend. So erleben Mädchen und (junge) Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung zwei- bis dreimal häufiger sexualisierte Gewalt als der weibliche Bevölkerungsdurchschnitt und haben gleichzeitig große Schwierigkeiten sowohl bei der Suche als auch der Inanspruchnahme von Hilfe- und Unterstützungs- und Schutzangeboten aufgrund vielschichtiger Barrieren. In diesem Vortrag geht es einerseits um die Gewaltbetroffenheit und andererseits um Möglichkeiten einer gelingenden Gewaltprävention.

 

30.05.2022 | 18 Uhr | Zoom – Ihr könnt euch wie immer unter unsercampus@rub.de anmelden!

Aufruf: Die Folgen von Sexismus auf den Studienverlauf

Viel zu selten wird über die Folgen gesprochen, die Betroffene nach Erfahrungen mit Sexismus, sexualisierter Belästigung und Gewalt erleben. Studierende, die diskriminierende und gewaltvolle Erfahrungen machen, müssen mit diesen oft neben den Herausforderungen des Studiums zurechtkommen. Dieser Zusammenhang spielt dennoch oftmals  in Diskussionen um Bildungs- und Chancengerechtigkeit keine Rolle.

Das möchten wir ändern und dafür brauchen wir eure Hilfe!

Welche Erfahrungen mit Sexismus und sexualisierter Gewalt habt ihr gemacht?
Inwiefern hatten bzw. haben diese Erfahrungen Einfluss auf euren Studienverlauf?

Es spielt dabei keine Rolle, ob ihr die Erfahrungen direkt am Campus oder an einem anderen Ort und/oder während eures Studiums gemacht habt, sondern inwieweit sexistische oder gewaltvolle Erfahrungen euren Studienverlauf beeinflusst haben bzw. beeinflussen.

Bei der Thematik spielt natürlich auch Intersektionalität eine Rolle: Sexismus und sexualisierte Gewalt ist immer verflochten mit weiteren Diversitäts- und Diskriminierungskategorien, wie Herkunft, Aussehen, Alter, Sexualität, Behinderung, usw.

 

Wir könnt ihr uns unterstützen?

Schreibt uns eine E-Mail an unsercampus@rub.de und erzählt von euren Erfahrungen.

In welcher Form wir eure Erfahrungsberichte veröffentlichen (Text, Tonaufnahme oder Interview) können wir gemeinsam entscheiden. Alle Informationen werden vertraulich behandelt und wir halten alles in Absprache mit euch! Ob ihr lieber anonym oder öffentlich über eure Erfahrungen sprechen wollt, bleibt auch völlig euch überlassen.

 

Was passiert mit euren Erfahrungsberichten?

Am 31.05. findet an der RUB der Diversity Tag zu dem Thema Bildungsungerechtigkeit statt. Mit den eingesendeten Erfahrungsberichten wollen wir die Besucher*innen über die Thematik informieren und mit ihnen ins Gespräch kommen.

Wir bitten daher um Zusendung bis zum 13.05.2022.

Danke für euer Vertrauen!

Aktion: Wir sagen „Nein!“ zu Catcalling auf dem Campus

 

Geiler Arsch, Süße“, „Heute Abend noch was vor?“ und Bleib doch mal stehen, Schätzchen!“ sind noch tendenziell harmlose Kommentare, die sich viele Menschen auf ihrem Heimweg, bei der Arbeit, an der Uni oder in anderen öffentlichen Einrichtungen anhören müssen. Diese Art der Belästigung wird als Catcalling definiert und bezeichnet verbale, sexuell anzügliche Belästigung von i.d.R. Cis-Männern (Cisgender: Menschen, die sich mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren) gegenüber weiblich gelesenen Personen – es kann aber jeden betreffen. Unter Catcalling fallen außerdem auch sexuell anzügliche Gesten, übergriffige Aufforderungen zu sexuellen Handlungen oder Hinterherpfeifen.

 
 
 

Selbst im Jahre 2022 wird Catcalling im Strafgesetzbuch nicht als Straftat identifiziert. Damit Catcalling als eine solche anerkannt wird, muss es – laut Gesetz – zu körperlichen Berührungen gekommen sein. Nur in Ausnahmefällen wird Catcalling strafrechtlich verfolgt, nämlich dann, wenn die Zurufe einer Beleidigung entsprechen.

Im Rahmen des Seminars Unser Campus – eine Hochschule ohne Gewalt setzen wir als Studierende mit dieser Aktion ein Zeichen gegen Catcalling, denn sexuelle Belästigung ist kein Kompliment und beginnt nicht erst bei Körperkontakt, sondern dann, wenn deine persönlichen Grenzen überschritten wurden. Dabei ist anzumerken, dass jede Person selber Grenzen setzt und darüber entscheiden darf, wann etwas für sich persönlich als Belästigung gilt. Kommentare von i.d.R. Cis-Männern, die Catcalling mit Aussagen wie „Stell dich nicht so an!“ oder „Frauen sind so empfindlich geworden!“ verharmlosen möchten, sind dabei außer Acht zu nehmen.

 

 

Solltest du betroffene Personen kennen oder selber von Catcalling betroffen sein, wende dich bei Interesse daran, deine Erfahrungen zu teilen und mit uns ein Zeichen gegen Catcalling am Campus zu setzen, an unsere E-Mail-Adresse (catcallingamcampus@gmail.com) und schildere uns deine Erfahrungen. Die Einsendungen werden wir im Rahmen unseres Projekts anonym (!) veröffentlichen. Wir versprechen, alle eingesendeten Mails diskret zu behandeln.

Wenn du Catcalling auf dem Campus erfahren musstest und dagegen vorgehen oder mit jemandem darüber sprechen möchtest, kannst du dich an folgende Anlaufstellen wenden:

Zentrale Gleichstellungsbeauftragte (gleichstellungsbuero@rub.de),

Wildwasser Bochum e.V. (www.wildwasserbochum.de),

Weitere Anlaufstellen unter: www.unser-campus.de/anlaufstellen-information-und-beratung/

 

Als Betroffene*r gibt es keine Gründe dafür, sich vorzuwerfen, falsch gehandelt oder falsch reagiert zu haben, denn ein kurzer Rock, ein weiter Ausschnitt oder ein verunsichertes Auftreten sind keine Einladung zum Catcalling.

Sexismus an der Hochschule: ein Vortrag von Laura Chlebos

Am 27.01. wird der Vortrag Sexismuskritische Hochschule – wie kommen wir dahin? von Laura Chlebos, Projektkoordinatorin von Unser Campus nachgeholt. Die Veranstaltung ist Teil der Vortragsreihe Hochschule und Intersektionalität, die wir in Zusammenarbeit mit dem AStA-Projekt RUB bekennt Farbe organisieren.

 


Worum geht es?

Die Hochschule ist ein sozialer Raum, indem sich gesellschaftliche Problemlagen und Tabuthemen widerspiegeln – so auch Sexismus und sexualisierte Gewalt.

Da der Vortrag eine Einführung in die Thematik darstellt, werden vorab Begriffe, wie Sexismus und sexualisierte Gewalt geklärt und vergeschlechtlichte Machtstrukturen, die Hochschulen durchziehen, besprochen. Ein Fokus liegt hierbei auf der vulnerablen Situation von Studierenden. Anhand von Unser Campus – eine Kampagne gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt werden Awareness- und Präventionsstrategien vorgestellt.

Laura Chlebos arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Marie Jahoda Center for International Gender Studies (MaJaC) der RUB. Dort koordiniert Sie die Kampagne Unser Campus. In Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Bochum entwickelte Sie außerdem die Awarenesskampagne Erkenne die Grenze, die Sicherheit im Partykontext thematisiert. 2014 gründete Laura Chlebos das feministische Kollektiv Feminismus im Pott. Darüber hinaus ist sie als Speakerin zu den Themen Sexismus, Awareness und Männlichkeit/en tätig.

 

27.01.2022 | 18 Uhr | Zoom – Ihr könnt euch wie immer unter unsercampus@rub.de anmelden!

Wege der individuellen und strukturellen Awarenessarbeit

Hast du Angst, im Dunkeln über den Campus zu laufen?

Wurdest du im Seminar schon mal misgendert? Also dem falschen Geschlecht zugeordnet oder mit dem falschen Pronomen angesprochen?

Hat dir ein Kommilitone aus der Lerngruppe schon mal ungewollt ein Dickpic geschickt?

Dir ist das noch nie passiert? Anderen hingegen schon.

Der Moment, in dem du ein Bewusstsein für andere Lebensrealitäten und die Diskriminierungserfahrungen, die damit einhergehen können, entwickelst, nennt man Awareness. Übersetzt heißt Awareness so viel wie Achtsamkeit. Achtsamkeit hinsichtlich der eigenen Personen, anderer Menschen, der Umwelt: „Achte auf dich und auf andere, auf deine und ihre Grenzen und Bedürfnisse“ (Ann Wiesental)

Hier geht es also um das Schärfen des Bewusstseins für die eigenen Grenzen und Bedürfnisse, aber auch für die eigenen Stereotype und grenzüberschreitende oder diskriminierende Verhaltensweisen; sich seiner eigenen Position in der Gesellschaft und der damit verbundenen Privilegien bewusst zu sein. Eine Schwarze Frau macht in der Uni zum Beispiel andere Erfahrungen als eine weiße Frau.

Awareness geht aber über den Moment der Bewusstseinswerdung hinaus. Das Konzept, das aus der Psychologie stammt und von Aktivist*innen für ihre Arbeit nutzbar gemacht wurde, umfasst auch die sich aus dem Moment des Aware-Seins ergebenen Verhaltensänderungen. Wenn ich zum Beispiel weiß, dass eine Frau, die nachts vor mir (als Mann) herläuft und durch meine Anwesenheit Angst haben könnte, gehe ich demonstrativ etwas langsamer oder wechsele die Straßenseite. Oder wenn ich weiß, dass bestimmte Worte Menschen verletzen können, versuche ich sie demnächst einfach aus meinem Wortschatz zu streichen.

Manchmal merken wir erst durch die Reaktion unseres Gegenübers, dass wir uns grenzüberschreitend geäußert oder verhalten haben. In diesem Fall ist eine Entschuldigung angebracht und die Ambition, es das nächste Mal anders zu machen. Awareness bedeutet auch, anzuerkennen, dass Grenzen subjektiv sind. Das klingt erst mal kompliziert, weil es für uns nun mal einfacher ist, in Kategorien zu denken, aber mit ein bisschen Übung und Empathie lassen sich auch ungewohnte Situationen meistern. Jenny Odell bringt die mit Awareness verknüpfte Haltung auf den Punkt, wenn sie schreibt: „Einfaches Bewusstsein ist der Keim der Verantwortung“ (Jenny Odell)

Neben den erwähnten individuellen Denk- und Verhaltensweisen umfasst das Awarenesskonzept auch die strukturelle Ebene. Diskriminierung und Gewalt sind in unseren gesellschaftlichen Strukturen verankert. Strukturen, die aus historischen und gesellschaftlichen Machtverhältnissen gewachsen sind und bewusst sowie unbewusst Einfluss auf Individuen und Institutionen haben.

Die Arbeits- und Ausbildungsstätte Hochschule ist Abbild einer Gesellschaft und somit sowohl Ausdruck wie Produzentin der in ihr existierenden Diskriminierungsstrukturen und Hierarchien. Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt sind Probleme, die in allen gesellschaftlichen Bereichen noch weitgehend tabuisiert sind und wenig Öffentlichkeit erfahren – so auch in der Hochschule und insbesondere der Forschung. Aus diesem Grund ist es wichtig, struktureller Diskriminierung zum Beispiel in Form von Sexismus mit entsprechenden Maßnahmen zu begegnen und angemessene Präventions-strategien zu entwickeln. Zu solchen Maßnahmen zählen u. a. Richtlinien, die darüber aufklären, was Sexismus, sexualisierte Belästigung und Gewalt sowie andere Formen der Grenzüberschreitung bedeuten, an wen man sich innerhalb der Hochschule im Notfall wenden kann und welche Möglichkeiten man als betroffene Person hat, sich zu wehren. Weitere Möglichkeiten sind Informations- und Sensibilisierungsworkshops zu den genannten Themen für alle Mitglieder der Hochschule, Fortbildungen für Menschen mit Leitungsfunktion, verschiedene Aktionen zugeschnitten auf die unterschiedlichen Statusgruppen, diskriminierungsarme Öffentlichkeitsarbeit und vieles mehr.

„In zwischenmenschlichen Beziehungen an lokalen sozialen Orten können Verhaltensweisen, Annahmen und Sichtweisen zwar verändert werden, doch zieht das leider noch keinen strukturellen Wandel nach sich.“ (Wiesental)

Aus diesem Grund müssen die individuelle und strukturelle Ebene immer zusammengedacht werden, Awarenessarbeit muss dementsprechend auf beiden Ebenen ansetzen, um nachhaltig Kulturwandel anzustoßen.

Awarenessarbeit hat also zum Ziel, eine Sensibilität und Offenheit für andere Lebensrealitäten und damit verbundene Erfahrungen zu schaffen, aber auch Betroffenen Schutz zu bieten. Grundvoraussetzung dafür ist das Erkennen und die Infragestellung der eigenen Stereotype und Vorurteile und die Motivation, diese abzubauen. Im feministischen Kontext bedeutet das, sexistische Strukturen und Verhaltensweisen zu erkennen, einen Weg zu finden, diese zu benennen und ihnen aktiv entgegenzutreten. Sich dieser diskriminierenden Gesellschaftsstrukturen oder Verhaltensweisen bewusst zu werden, verlangt Reflexionsarbeit und ein kontinuierliches (Dazu-)Lernen. Es braucht Courage und auch Empathie, sich mit der eigenen Position in der Gesellschaft und den damit verbundenen Privilegien auseinanderzusetzen und Diskriminierung zu erkennen. Auf die „eigenen ‚Mängel‘“ wird man in der Regel von anderen hingewiesen. Das heißt, Diskriminierung spürt man, den eigenen Privilegien muss man sich erst gewahr werden.

Awarenessarbeit ist eine lebenslange Aufgabe. Veränderungen finden immer im Austausch statt, sei es durch Gespräche mit Freund*innen, beim Lesen eines Buches oder dem Besuchen von Veranstaltungen.

„Reflexion geht vor und zurück, verläuft im Zickzack, beschreibt Kreise und bleibt auch mal irgendwo stecken.” (ebd.)

Es gibt nicht die eine Lösung oder einen Fahrplan, der auf alle Situationen oder Institutionen anwendbar ist. Es ist nötig, die Gegebenheiten immer wieder zu reflektieren, um auf konkrete Strukturen, Ereignisse und Menschen einzugehen.

Mehr zum Thema findet ihr in unserem Moodle-Kurs!

Odell, Jenny (2021): Nichts tun. Die Kunst, sich der Aufmerksamkeitsökonomie zu entziehen. München: Verlag C.H. Beck.

Wiesental, Ann (2017): Antisexistische Awareness. Ein Handbuch. Münster: Unrast Verlag.

Klassismus an der Hochschule: ein Vortrag von Francis Seeck

Am 17.01.2022 geht es weiter mit unserer Vortragsreihe Hochschule und Intersektionalität, die wir in Zusammenarbeit mit dem AStA-Projekt RUB bekennt Farbe organisieren.

Wir freuen uns auf den Vortrag Klassismus an der Hochschule. Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft im universitären Bildungssystem von Francis Seeck, Kulturanthropolog*in, Antidiskriminierungstrainer*in und Autor*in.

 

 

Eine bislang weitgehend übersehene Diskriminierungsform prägt unsere Gesellschaft grundlegend: Klassismus. Klassismus bezeichnet die Diskriminierung aufgrund von Klassenherkunft oder Klassenzugehörigkeit. Klassismus richtet sich gegen Menschen aus der Armuts- oder Arbeiter*innenklasse, zum Beispiel gegen einkommensarme, erwerbslose, wohnungslose Menschen oder gegen Arbeiter*innenkinder.

Klassismus hat Auswirkungen auf die Lebenserwartung und begrenzt den Zugang zu Wohnraum, Bildungsabschlüssen, Gesundheitsversorgung, Macht, Teilhabe, Anerkennung und Geld. In dem Vortrag führt Francis Seeck in diese oft vergessene Diskriminierungsform ein und zeigt auf, wie Klassismus Hochschulen prägt. Es geht auch um Utopien: Wie würde Bildung in einer sozial gerechten Gesellschaft aussehen?

 

Dr.*in Francis Seeck 1987 in Ostberlin geboren, ist Kulturanthropolog*in und Antidiskriminierungstrainer*in. Als Kind einer alleinerziehenden, erwerbslosen Mutter erlebte Seeck schon früh die Auswirkungen der Klassengesellschaft. Heute forscht und lehrt Seeck zu Klassismus und sozialer Gerechtigkeit, nach einer Vertretungsprofessur für Soziologie und Sozialarbeitswissenschaft an der Hochschule Neubrandenburg nun als Post-Doc an der HU Berlin. 2020 gab Seeck den Sammelband »Solidarisch gegen Klassismus« mit Brigitte Theißl heraus. Im Frühjahr 2022 erscheint die Streitschrift »Zugang verwehrt – Keine Chance in der Klassengesellschaft: wie Klassismus soziale Ungleichheit fördert« bei Atrium.

 

17.01.2022 | 18 Uhr | Zoom – Ihr könnt euch wie immer unter unsercampus@rub.de anmelden!

#KeineMehr Internationaler Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen

Heute ist der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen. Dieser Aktions- und Gedenktag hat eine über 60-jährige Geschichte:

Im Jahr 1960 werden am 25.11. die Hermanas Maribal ermordet. Sie hatten sich in der Bewegung ’14. Juni‘ gegen das herrschende, diktatorische Regime engagiert. Vorher wurden sie bereits mehrfach verhaftet. Der Auftragsmord geschah auf dem Rückweg von einem Gefängnisbesuch bei ihren Ehemännern.

Im Jahr 1981 rufen lateinamerikanische und karibische Feminist*innen den ‚Dia Internacional de la No Violencia Contra la Mujer‘ aus.

Im Jahr 1999 wird der Gedenk- und Aktionstag offiziell von der UN aufgegriffen. Die Farbe Orange steht dabei für eine Zukunft ohne Gewalt an Frauen.

Seitdem finden jedes Jahr viele Veranstaltungen & Aktionen rund um den 25. November statt! In vielen Städten werden beispielsweise bekannte und öffentliche Gebäude Orange angestrahlt.

Deutlich wird, dass insbesondere Personen, die Mehrfachdiskriminierung erleben, auch ein höheres Risiko haben, von Gewalt betroffen zu sein.

🔸 Jede 3. Frau in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen.

🔸 81% der Betroffenen von Partnerschaftsgewalt sind Frauen

🔸 139 Frauen wurden 2020 durch Partnerschaftsgewalt getötet

🔸 2-3x häufiger haben Frauen mit Behinderung in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren, im Vergleich zu Frauen ohne Behinderung.

🔸 782 Straftaten von Hasskriminalität gegen queere Personen – darunter 154 Gewalttaten mit 144 Körperverletzungen – wurden laut Bundesinnenministerium 2020 bundesweit registriert. 36% mehr als im Vorjahr.

Gewalt ist ein komplexes Phänomen. Gewalt ist vieldeutig und vielschichtig.
Was genau mit Gewalt gemeint ist, darüber streiten sich selbst die Expert*innen. Insbesondere feministische Gewaltforscher*innen und später Geschlechterforscher*innen kritisieren aber, dass ein zu enger Gewaltbegriff, der nur körperliche Handlungen als Gewalt zählt, die vielen unterschiedlichen Formen von Gewalt, die mehrheitlich Frauen treffen, unsichtbar macht.

Ein Gewaltbegriff der neben direkter körperlicher und psychischer Gewalt auch strukturelle Gewalt einbezieht, ermöglicht zudem die Analyse des Kontextes, in dem Gewalt ausgeübt wird. Er legt geschlechtsspezifische Machtverhältnisse offen.
Gewalthandlungen bei denen das angenommene Geschlecht der betroffenen Person und in der Regel des Täters eine Rolle spielen, werden auch als geschlechtsspezifische Gewalt bezeichnet. Darunter fallen z.B. sexualisierte Übergriffe, Vergewaltigung, häusliche Gewalt oder Stalking.

Nach einer Fokussierung auf weibliche Opfer und männliche Täter fand innerhalb der Gewaltforschung eine Öffnung statt. In einer mehrdimensionalen Perspektive werden sowohl Frauen als Täterinnen und Männer als Betroffene in den Blick genommen, sowie Gewalt unter Männer, gegen Mitglieder der LGBTIQA-Community oder in homosexuellen und queeren Beziehungen.

Eine zusätzliche Erweiterung stellt die Forderung nach einem intersektionellen Gewaltbegriff dar – also nach einem Analyserahmen, der neben Geschlecht weitere Diskriminierungsformen berücksichtigt.

Wir brauchen neue Vorbilder: Ein Gespräch mit Prof. Dr. Karim Fereidooni über Rassismus an deutschen Hochschulen

© Privat

Karim Fereidooni ist Juniorprofessur an der RUB und forscht an der Fakultät für Sozialwissenschaft im Bereich der Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung mit dem Schwerpunkt Rassismuskritik. In seinen Seminaren sitzen also zukünftige Lehrer*innen, die später beispielsweise Politik unterrichten wollen.

Für unseren Moodle-Kurs hat er uns einige Fragen zum Thema Rassismuskritische Hochschule beantwortet, denn Unser Campus setzt sich neben einer antisexistischen Perspektive auch für einen antirassistischen Campus ein, an dem verschiedene Lebensrealitäten von Hochschulangehörigen durch intersektionale Diskriminierung geprägt werden.

Im Interview hat uns Prof. Karim Fereidooni erklärt, wie es um rassismuskritische Forschung an der Uni steht, dass zum Beispiel kaum Gelder für Forschungsprojekte bereitgestellt wurden und die Bereitschaft für eine Auseinandersetzung mit Rassismus und Rassismuskritik als Analysekategorie bei den Kolleg*innen eher gering ist. Eine gute Neuigkeit ist aber die Ausschreibung des Bundesministeriums für Forschung und Bildung (BMBF) für eine instutionalisierten Rassismusforschung. Vorangetrieben wurde diese Entwicklung durch die Black Lives Matter-Proteste im vergangenen Jahr.

Fereidooni zeigt im Interview auch blinde Flecken innerhalb der Forschung auf: „Wir brauchen Studien zu Ungleichheitsstrukturen auf unserem Campus und in unserer Gesellschaft, aber wir brauchen auch Menschen, die sich mit der Umsetzung von Maßnahmen auskennen und vor allem brauchen wir […] Menschen, die anerkennen, dass wir nicht in hierarchiefreien Räumen leben. Wir brauchen Menschen, die anerkennen, dass Rassismus, Sexismus, Klassismus, Heteronormativität und so weiter, Strukturierungsmerkmale unserer Gesellschaft sind.“

Neben der Auseinandersetzung mit Ungleichheitsstrukturen haben Hochschulen die Verantwortung, konkrete Maßnahmen umzusetzen und zu institutionalisieren. Auch dafür hatte Professor Fereidooni einige Vorschläge, wie z.B.  Anlauf- und Beratungsstellen, die sich konkret mit intersektionalen Diskriminierungsformen auseinandersetzen, und die für betroffene Studis und Hochschulangehörige einfach und gut zu erreichen sind.

Außerdem betont Professor Fereidooni die Haltungsfrage bei Lehrenden:  Welche Materialien stelle ich in meinen Seminaren und Vorlesungen bereit?  Wen stelle ich eigentlich in meinem Team an der Uni oder der Hochschule an? Wieso ist die Studierendenschaft oft viel diverser als der akademische Betrieb? Dass auch diese beiden Fragen in Zusammenhang stehen, fasst er wie folgt zusammen: „Das führt wiederum dazu, dass Studierende of Color und Schwarze Studierende keine einzige Schwarze Professorin sehen oder keinen Schwarzen Professor sehen, dann glauben sie nicht daran, dass sie das auch mal irgendwann schaffen können, wenn sie denn wollen. Rollenvorbilder sind ganz, ganz wichtig.“

Auch für weiße und anderweitig privilegierte Studis ist es von Bedeutung, sich für Ungleichheitsstrukturen zu sensibilisieren: Weiße Studierende sollten sich ganz egoistisch mit Rassismus beschäftigen. Rassismus bringt nicht nur mir als Menschen of Color etwas bei, sondern auch weißen Studierenden. Rassismus bringt weißen Studierenden bspw. muslimische Menschen als potenziell gefährlich wahrzunehmen oder als Opfer ihrer Religion, je nachdem. […] Weiße Menschen erlernen eine Fantasie über Schwarze Menschen, über Menschen of Color und wenn sie nicht von diesen Fantasien regiert werden wollen, dann sollten sie sich ganz egoistisch mit Rassismuskritik beschäftigen, um eben diese Bilder zu verlernen.“

Am Ende des Interviews haben wir uns noch etwas Zeit zum Träumen genommen und Herrn Fereidooni gefragt, wie er sich eine antirassistische Hochschule vorstellt – hört selbst!

Digitaler Selbstlernkurs: Gemeinsam für eine Hochschule ohne Diskriminierung!

Unser digitales Selbstlernangebot auf Moodle bietet die Möglichkeit, sich mit Themen vertraut zu machen, die gesellschaftlich viel verhandelt werden und auch für unser Miteinander auf dem Campus eine große Rolle spielen. Hier erklären wir, welche Formen Sexismus an der Hochschule annehmen kann, was jede*r Einzelne tun kann, wenn sie grenzüberschreitende Situationen beobachten oder wie Männer Verbündete im Kampf gegen sexualisierter Gewalt werden können. Ein wichtiges Kurstool ist unsere Datenbank mit Hilfsangebot und Anlaufstellen. Menschen, die in einer Notsituation sind oder Menschen, die Kontakt mit einer betroffenen Person haben, können hier unkompliziert nach geeigneten Angeboten suchen. Neben Hilfsangeboten zu Sexismus und sexualisierter Gewalt finden sich dort auch Initiativen und Institutionen, die im Fall von Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität oder der sexuellen Orientierung unterstützen. Genauso wie im Fall von rassistischer oder antisemitischer Gewalt.

Einen Bericht über unseren digitalen Selbstlernkurs bei RUB News findet ihr hier!

Das Angebot richtet sich in erster Linie an Studierende, die vielleicht schon mal von den ganzen Begriffen gehört, aber noch keine Gelegenheit hatten, sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Die neugierig sind und sich selbstständig weiterbilden wollen. Uns war es ein Anliegen, das Angebot so niedrigschwellig wie möglich zu halten. Deswegen haben wir auch ein Glossar eingebaut, in dem unbekannte Worte nachgeschlagen werden können. Falls Begrifflichkeiten darüber hinaus unklar bleiben, kann man sich gerne an uns wenden und wir tragen sie nach.

Natürlich sind aber auch alle anderen herzlich Willkommen, unseren Kurs zu besuchen. Er ist frei zugänglich (OpenRUB). Unser Campus ist als fortlaufender Kurs konzipiert und wird kontinuierlich erweitert. Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, schreibt sich am besten in den Kurs ein.

https://www.instagram.com/p/CVSujVcMGjJ/

 

Sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen, lohnt sich immer. Vor allem wenn man so dazu beitragen kann, den Campus gleichberechtigter und sicherer zu gestalten. Zu lernen, dass wir in einer Welt leben, die immer noch sexistisch oder rassistisch ist und welche Folgen das für Betroffene hat, sensibilisiert für andere Lebensrealitäten und betont die Wichtigkeit der eigenen Rolle im Kampf gegen jegliche Diskriminierung. Übertragen auf den Hochschulalltag bedeutet das zum Beispiel, dass eine Schwarze Frau andere Erfahrungen macht als ein weißer Mann und sich in ihrem Studium ganz anderen Hürden ausgesetzt sieht. Ein antisexistisches oder antirassistisches Bewusstsein zu entwickeln, ist ein wichtiger erster Schritt. Um aber nicht auf der theoretischen Ebene zu verweilen, geben wir noch Handlungsmöglichkeiten für den Alltag mit an die Hand. Passend dazu findet ihr in unserem Moodlekurs seit dieser Woche einen Podcast, in dem Prof. Dr. Karim Fereidooni erklärt, wie rassismuskritische Forschung und Lehre aussehen muss. Denn um eine nachhaltige Prävention zu gewährleisten, müssen die Maßnahmen auf individueller und struktureller Ebene ansetzen.

 

 

Männlichkeit(en) und Toxic Masculinity – ein Gespräch mit Fikri Anıl Altıntaş

Wir möchten Euch herzlich zu unserer Veranstaltung „Männlichkeit(en) und Toxic Masculinity“ am 10.11.21 von 19-20 Uhr einladen. Die Veranstaltung besteht aus einem Input des Autors und #HeforShe Botschafters Fikri Anıl Altıntaş mit anschließendem Gespräch. Das Ganze wird via Zoom stattfinden. Anmelden könnt Ihr Euch bis zum 09.11.21 unter unsercampus@rub.de

Foto: Johanna Legid

Fikri Anıl Altıntaş gibt in seinem Input einen Überblick über den Begriff „(Toxische) Männlichkeit(en)“, was er bedeutet, wie er selber zu einer bestimmten Form der Männlichkeit sozialisiert wurde und was das alles mit unterschiedlichen Formen von sexualisierter Gewalt zu tun hat.

Warum ist der Begriff praktisch, aber auch gefährlich? Welchen Einfluss haben Politik und Gesellschaft an Männlichkeit(en)? Und wie können besonders cis Männer anfangen, sich von traditioneller Rollenbildern zu lösen?

Fikri Anıl Altıntaş [er] ist freier Autor aus Berlin und #HeForShe Botschafter von UN Women Deutschland. Er schreibt über (kritische) Männlichkeit(en), Rollenbilder, Konstruktion von marginalisierten, nicht-weißen Männlichkeiten und postmigrantischen Themen. In seinen Texten reflektiert er u.a. seine persönliche Sozialisation als auch Narrative über rassifizierte, türkisch-muslimisch gelesene cis-hetero Männer in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. Seine Texte sind bereits u.a. in der Taz, der Freitag, Pinkstinks und Neues Deutschland erschienen.

Vortrag: Was ist Intersektionalität? | 04.11.21

Wir von Unser Campus und RUB bekennt Farbe laden euch am 04.11.21 herzlich zum Vortrag „Was ist eigentlich Intersektionalität?“ ein. Mit diesem Vortrag eröffnen wir eine gemeinsame Vortragsreihe zum Thema „Hochschule und Intersektionalität“.

 

 

Juliana Kolberg vom Verein xart splitta wird am 04.11.21 um 18 Uhr die Entstehungsgeschichte  von Intersektionalität (Mehrfachdiskriminierung) erläutern und deren Bedeutung für das Lernen und Lehren an der Hochschule veranschaulichen.

Menschen können aufgrund vielfältiger Faktoren Diskriminierung erfahren: z. B. Geschlechtsidentität, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Religion, Alter, Behinderung, Klasse. Diese Diskriminierungsformen können aber auch mit einander verwoben sein. Ein trans Frau, die einen Rollstuhl benötigt, wird in der Uni andere Erfahrungen machen als ein cis Mann.

In der Wissenschaft wird in dem Fall auch von Intersektionalität gesprochen: damit wird auf die Wechselbeziehungen und Überlagerungen verschiedener Achsen der sozialen Ungleichheit und den daraus hervorgehenden spezifischen (Diskriminierungs-)Erfahrungen eingegangen.

 

 

Der Vortrag wird via Zoom stattfinden:

https://ruhr-uni-bochum.zoom.us/j/63638876107?pwd=UHdRMVpVYzNVVE00UnZVaDlCY3hVQT09

Meeting-ID: 636 3887 6107
Passwort: 135505

Falls ihr euch vorab schon mal ein bisschen in die Thematik einlesen möchtet, schaut in unserem Moodle-Kurs vorbei!

Rassismuskritische Hochschule

Text: Alina Adrian

Rassismus ist eine spezifische Form der Diskriminierung gegenüber nicht-weiß gelesenen Menschen: Anti-Schwarzer Rassismus, antimuslimischer Rassismus, antiasiatischer Rassismus sowie Rassismus gegenüber Rom*nja und Sinti*zze. Je nach theoretischer Grundlage kann auch Antisemitismus dazu gezählt werden. Diese verschiedenen Rassismen sind historisch gewachsene Konstrukte mit verschiedenen Entstehungsgeschichten, um Gewalt und Unterdrückung gegenüber nicht-weiß gelesenen Menschen zu legitimieren. Bis heute strukturieren rassistische Wissensbestände unsere Welt. Das bedeutet, erstens sind wir alle eingebettet in diese Ungleichheitsstruktur und zweitens, dass wir alle rassistische Wissensbestände und Verhaltensweisen erlernt haben.

Aber es ist sehr wichtig zu verstehen, dass uns Rassismus nicht auf dieselbe Art und Weise betrifft, sondern dass weiße Menschen weiße Privilegien haben, die nicht-weiße Menschen nicht haben und dass nicht-weiße Menschen Diskriminierungen und Gewalt erfahren, die weiße Menschen niemals erfahren können.
Dabei ist rassistische Diskriminierung nicht alleine stehend: Eine Schwarze Frau erfährt eine andere Form der Diskriminierung als ein muslimischer Mann.

Auch unser Campus ist keine rassismusfreie Zone:

Rassismus ist in die Institution Hochschule eingeschrieben, beispielsweise in Form des institutionellen Rassismus. Rassismus spielt sich auf verschiedenen Ebenen ab: Es gibt den institutionellen, den internalisierten und den interpersonalen Rassismus und den Alltagsrassismus. 

„Auf diesen Ebenen werden Machtverhältnisse geschaffen, die die gesellschaftlichen Strukturen und sogar globare Hierarchien zwischen Ländern und zwischen Kontinenten herstellen. Der Begriff ’struktureller Rassismus‘ bezeichnet dementsprechend rassistische Machtmechanismen, die in Individuen, Gesellschaften oder Institutionen verankert sind und diese negativ beeinflussen.“ (Natasha A. Kelly).

Hier geht’s zum Interview mit Prof. Karim Fereidooni zum Thema rassismuskritische Hochschule!

Hochschulen und strukturelle Diskriminierung: Ungleichheiten in der akademischen Laufbahn

Text: Alina Adrian

Hausarbeiten schreiben, im Labor stehen oder Tutorien leiten – manchmal merkt man im Studium schon, dass das Forschen und das Lehren und Lernen so viel Freude bereitet, dass der Gedanke aufkommt: Eigentlich will ich nicht mehr weg von der Universität!

Die akademische Laufbahn beginnt mit dem Bachelorstudium und endet im besten Fall mit der Berufung auf eine Professur. Die vielen Qualifizierungsschritte dazwischen – Master, Promotion und Habilitation, die Anstellung als wissenschaftliche Hilfskraft und später als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in – erfordern ein immenses Durchhaltevermögen und eine gute Portion Glück aufgrund der meist prekären Verhältnisse durch Abhängigkeiten von Drittmittel-Anträgen, der befristeten Stellen und der Abhängigkeit von Beziehungen und Netzwerken. Auf Twitter teilen derzeit viele Betroffene, wie es ihnen im Wissenschaftsbetrieb geht oder ergangen ist: #IchBinHanna #IchBinReyhan #ACertainDegreeOfFlexibility

Wer letztendlich auf den akademischen Spitzenpositionen, bspw. der Lebenszeit-Professur, sitzen darf, hängt jedoch von wesentlich mehr Faktoren ab als von der eigenen Leistung.

Obwohl in NRW die Studierendenschaft nach Geschlecht fast paritätisch aufgeteilt ist und sogar mehr Frauen als Männer das Bachelorstudium abschließen, besetzen nur ein Viertel, um genau zu sein 25,2 %, Frauen eine Professur.
Dieses Phänomen nennt sich in der Wissenschaft Leaky Pipeline und wurde 1983 von Sue E. Berryman in ihrer Studie „Who will do Science?“ geprägt.

Die Leaky Pipeline in NRW in Zahlen:

    • Studierende: Männer 52,7 % und Frauen 47,3 % 
    • Absolvent*innen: 48,5 % Männer und 51,5 % Frauen
    • Promovierte: 56,5 % Männer und 43,4 % Frauen 
    • Habilitierte: 72,4 % Männer und 27,6 % Frauen
    • Professor*innen: 74,8 % Männer und 25,2 % Frauen 
    • W3-Professuren (mit Lehrstuhl): 76,5 % Männer und 23,5 % Frauen


Die
Leaky Pipeline im Detail:

Schon bei den Absolvent*innen tut sich die erste Lücke auf: Im Verhältnis machen zwar mehr Frauen einen Bachelorabschluss, aber den Master schließen bereits mehr Männer ab (Männer: 51,9 %/Frauen: 48, 1%). Und ab da geht die Schere immer weiter auseinander. Rechnet man zum Beispiel Universitäten mit Klinikum und Hochschulmedizin als Fach raus, liegt die Quote der promovierten Frauen nur noch bei ca. 30 %.

Besonders in der sogenannten Post-Doc-Phase verlassen viele Frauen die Wissenschaft.

Lediglich bei den im Jahr 2002 eingeführten Juniorprofessuren lässt sich eine geschlechtergerechtere Berufungsquote feststellen (43,2 % Frauen bundesweit). Juniorprofessor*innen können ohne Habilitation berufen werden, um bereits nach der Promotion unabhängig zu forschen, und sparen sich damit eine weitere Qualifizierungsphase. Auch diese Stellen sind jedoch oft befristet und ohne Tenure-Track und damit nicht zwingend auf Entfristung ausgelegt. Die berufliche Zukunft bleibt also unsicher.

Auch wenn man verschiedene Fächer betrachtet, ist eines besonders auffällig: Der Unterschied zwischen einer nahezu paritätischen Aufteilung nach (binär gedachtem) Geschlecht innerhalb der Studierendenschaft und die Zahl der Frauen, die am Ende eine Professur besetzen.
In den Geisteswissenschaften, den Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und in der Humanmedizin bzw. den Gesundheitswissenschaften gibt es sogar weitaus mehr als 50 % weibliche Studierende. In keinem dieser Fächer gibt es annähernd so viele weibliche Professorinnen. Den größten Gap gibt es im Fach Humanmedizin, in dem zwar 66,8 % der Studierenden und 60,1 % der Promovierenden weiblich sind, letztendlich jedoch nur 20,9 % der Professuren von Frauen besetzt sind. Ausgenommen von dieser Form des Gender Gaps sind allein die Ingenieurwissenschaften, in denen es insgesamt nur wenig weibliche Studierende gibt (ca. ein Fünftel).

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Je höher die Hierarchieebene in der Wissenschaft, umso weniger Frauen finden sich dort. Aber woran liegt das?
Die sogenannte Qualifikationsphase in der Wissenschaft ist oft ungemein prekär und unsicher und fällt oft mit der Phase der Familienplanung zusammen. In Deutschland wird der größte Teil der unbezahlten Sorgearbeit immer noch von Frauen getragen, d. h., sie kümmern sich in der Regel mehr um Kinder, nehmen länger Elternzeit und arbeiten danach oft Teilzeit oder pflegen bedürftige Verwandte. Die Wissenschaft sieht jedoch keine Teilzeitbeschäftigung für Professuren vor, wenn es um Care-Arbeit geht. Nebenbei beispielsweise ein Architekturbüro zu leiten und deswegen in Teilzeit eine Professur zu besetzen, ist allerdings durchaus üblich. Auch wenn in den einzelnen Qualifizierungsschritten als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in die meisten Stellen nur auf 50 % ausgelegt sind, liegt der Anspruch und die eigentliche Arbeitszeit meistens trotzdem bei 100 %.

Damit werden Frauen vor die Wahl gestellt: Wissenschaft oder Sicherheit bei der Familienplanung?

Dazu kommt die Problematik, dass Hochschulstrukturen und der Wissenschaftsbetrieb männlich und weiß dominiert sind.
Dies spiegelt sich auch in den Personalentscheidungen wider: Menschen neigen dazu, eher Menschen einzustellen, die ihnen ähnlich sind. Wenn also aufgrund von althergebrachten gesellschaftlichen Verhältnissen ein Großteil der Stellen auf Lebenszeit von weißen Männern besetzt sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese ebenfalls weiße Männer einstellen und weiterempfehlen. Diesen Effekt nennt man homosoziale Kooptation. Die Ungleichheiten des Systems reproduzieren sich damit selbst. Weniger Frauen werden berufen, weniger Frauen sitzen in den entscheidenden Gremien.
Dasselbe gilt für Menschen mit Behinderung, für People of Color und Menschen mit Migrationsgeschichte, für queere Menschen und für Kinder aus Arbeiter*innenfamilien. Die Wissenschaft als Arbeitswelt ist bisher ein ausschließendes System.

Was ist mit Gewalt?
Dass es in starken Abhängigkeitsverhältnissen schneller zu Machtmissbrauch und damit zu rassistischer oder sexualisierter Gewalt kommt, ist kein Geheimnis (hierzu ein Info-Text von Unser Campus). Gleichzeitig ist es stark tabuisiert, als Betroffene*r Erfahrungen öffentlich anzusprechen oder sich gar zu beschweren, da ansonsten die Aussicht auf eine weitere Vertragsanstellung in der Befristungskette gefährdet ist. Sexistische und rassistische Vorurteile machen auch vor der Uni keinen Halt, sodass sich mehrfach diskriminierte Menschen in der Wissenschaft einer besonders starken Belastung aussetzen müssen (hier zu insbesondere #IchBinReyhan).

Neben Gleichstellungsmaßnahmen an Hochschulen bräuchte es auch tiefergehende Diversity-Maßnahmen, von denen in der Wissenschaft
nicht nur weiße Frauen profitieren, sondern im Besonderen People of Color und Menschen mit Migrationsgeschichte.
Durch das Fehlen marginalisierter Personengruppen in der Wissenschaft und an den Hochschulen entsteht eine Leerstelle, die nicht nur die Gegenwart beeinflusst, sondern auch zukünftige Forschung und Lehre und damit die zukünftige Gesellschaft. Ohne Vorbilder ist es für nachfolgende Generationen schwieriger, sich einen eigenen Platz an der Hochschule vorzustellen. Zudem werden damit Forschungsperspektiven ausgeblendet, die sich nicht als männlich und weiß positionieren.

Auch hier ist zu betonen: Die Unterrepräsentation queerer Menschen, Menschen mit Behinderung und Kindern aus Arbeiter*innenfamilien bestärkt diese Leerstelle um ein Vielfaches!

 

Es gibt also viel zu tun!

 

Hier einige Gleichstellungsmaßnahmen der RUB:


[Die Zahlen beziehen sich auf den Gender Report 2019, der mit Zahlen aus dem Jahr 2017 arbeitet. Alle drei Jahre wird der Gender Report neu veröffentlicht, der nächste steht im Jahr 2022 an.]


Unser Campus auf der bukof

„Solidaritäten gestalten. Für eine geschlechtergerechte Hochschulpolitik‘ ist das Thema der diesjährigen bukof-Jahresveranstaltung, die kommende vom 20.09-22.09.21 Woche online stattfindet.

Die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (kurz bukof) ist die „geschlechterpolitische Stimme im wissenschafts- und hochschulpolitischen Diskurs‘ und ermöglicht einen bundesweiten Austausch zwischen Gleichstellungsakteur*innen.

Zurück zur digitalen Jahrestagung…

Neben einer spannenden Keynote von Prof. Dr. Maisha Auma zu antirassistischer Gleichstellungspolitik organisiert die AG gender.macht.wissenschaft einen Roundtable mit verschiedenen Akteur*innen zu den Themen Sexismus und sexualisierte Gewalt in der Wissenschaft und an Hochschulen.

Wir von Unser Campus werden mit dabei sein und unser Projekt vorstellen. Wir freuen uns auf einen regen Austausch über Hürden, Strategien und Erfolge unserer Arbeit!

 

Jemand erzählt dir, dass er*sie einen sexualisierten Übergriff erlebt hat

Bleib‘ ruhig

Wenn dir jemand erzählt, dass er*sie sexualisierte Gewalt erlebt hat, wird dich das wahrscheinlich schockieren. Vielleicht macht es dich traurig oder wütend oder alles zusammen, aber wichtig ist, dass du versuchst, in der Situation einen kühlen Kopf zu bewahren, für die Person da zu sein und auf ihre Bedürfnisse zu achten. Sie benötigt jetzt deine Unterstützung.

Hör‘ zu

Die Person erzählt dir von ihrer Erfahrung, weil sie dir vertraut. Wenn du ihr zuhörst, wird sie sich weniger alleine fühlen. Außerdem hilft das Erzählen der Person dabei, sich besser an das Geschehene zu erinnern und zu verarbeiten. Also versuche, dich in dieser Situation zurückzunehmen und nur dann deine Einschätzung zu geben, wenn du explizit danach gefragt wirst.

Glaube der Person

Über sexualisierte Gewalt zu sprechen, fällt nicht leicht und setzt in der Regel ein Vertrauensverhältnis voraus. Also glaub‘ der Person ihre Geschichte und stelle sie nicht in Frage.

Aus dem Grund solltest du auf Fragen wie „Aber warum hast du auch diesen Weg genommen?“ oder „Warum bist du mit jemandem mitgegangen, den du kaum kennst?“ verzichten. Stattdessen kannst du der Person sagen, dass du ihr glaubst und dich für ihr Vertrauen bedanken.

Falls sie die Schuld für den Übergriff bei sich sucht, solltest du ihr bewusstmachen, dass es keine Rechtfertigung für das Überschreiten ihrer Grenzen geben kann und deshalb auch nur die Person Schuld trägt, die übergriffig geworden ist. So hilfst du ihr dabei, der eigenen Wahrnehmung wieder mehr zu trauen.

 

Frag‘ nach, wie du helfen kannst

Frag‘ die Person, wie du ihr am besten helfen kannst. Manchmal möchte sie in dem Moment nichts weiter, als dass du ihm* ihr ein offenes Ohr schenkst. Auch Mitleid oder ein Wutanfall à la „Ich könnte ihn umbringen“ helfen der Person in ihrer Situation meist nicht weiter.

Wenn du dich mit dem Erzählten überfordert fühlst oder nicht weißt, was du sagen sollst, kannst du das der Person mitteilen.

Gib‘ keine ungefragten Ratschläge und übe keinen Druck auf sie aus, indem du sie z. B. dazu drängst, zur Polizei zu gehen. Nur sie kennt ihr Tempo und Bedürfnisse, danach solltest du handeln.

 

Unterstütze die Person

Hilf der Person, sich selbst zu schützen, wenn der Angriff noch nicht vorüber ist.

Aber jeder Schritt muss mit ihr abgesprochen werden. Handele nicht auf eigene Faust. Während des sexualisierten Übergriffs wurden die Grenzen der betroffenen Person verletzt, so dass du nun sensibel vorgehen musst und es vermeiden solltest, ihr das Gefühl von einer wiederholten Überschreitung ihrer Grenzen zu geben.

Du kannst auch selber Hilfe in Anspruch nehmen

Auch wenn die Person sich an dich wendet, weil sie deine Unterstützung braucht, ist es wichtig, dass du auf deine eigenen Grenzen achtest. Falls du befürchtest, dich ‚falsch‘ zu verhalten, wende dich an eine Beratungsstelle. Dort wird sich auch um Angehörige und Freund*innen gekümmert. Hier kannst du auch Fragen zum Strafrecht stellen.

Das Hilfetelefon erreichst du zum Beispiel rund um die Uhr und auch an Wochenenden und Feiertagen: 08000 116 016 

 

Urteile nicht

Es kann auch sein, dass die Person sich nicht helfen lassen möchte, obwohl du aus deiner Perspektive Handlungsbedarf siehst. Im Fall von häuslicher Gewalt geht die Person eventuell auch wieder zur übergriffigen Person zurück. Stelle dich darauf ein, dass sie anders handelt, als du es in dem Moment erwartest oder es dir wünschst und mache ihr keinen Vorwurf daraus, auch wenn du die Entscheidung in dem Moment nicht nachvollziehen kannst. Habe Geduld und frage öfters nach, wie es der betroffenen Person geht.

In unserem virtuellen Selbstlernkurs erfährst du, was du tun kannst, um Diskriminierung und Gewalt entgegenzutreten.

Schon mal von Intersektionalität gehört?

„Es sind nicht unsere Unterschiede, die uns entzweien. Es ist unsere Unfähigkeit, diese Unterschiede zu erkennen, zu akzeptieren und zu feiern.“

(Original: „It is not our differences that divide us. It is our inability to recognize, accept, and celebrate those differences.‘)

Audre Lorde

 

„Ich sehe keine Hautfarbe. Ich sehe nur Menschen“ – vielleicht hast du diesen Satz schon mal gehört oder selber gesagt? Dieser Satz wird gewöhnlich von weißen* Menschen genutzt, um ihre antirassistische Haltung zu untermauern. Klar, die Intention dahinter ist gut, aber letztendlich werden durch ihn Lebensrealitäten von Menschen unsichtbar gemacht wie zum Beispiel von Schwarzen* Menschen, die bis heute aufgrund ihrer Hautfarbe Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren.

Das Zitat der Dichterin und Feministin Audre Lorde weist darauf hin, dass die verschiedenen Lebensrealitäten und (Diskriminierungs-)Erfahrungen von Menschen erkannt und ernstgenommen werden müssen, um ernsthaft Solidarität zu praktizieren.

Menschen können aufgrund vielfältiger Faktoren Diskriminierung erfahren: z. B. Geschlechtsidentität, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Religion, Alter, Behinderung, Klasse. Diese Diskriminierungsformen können aber auch mit einander verwoben sein. Ein trans Frau, die einen Rollstuhl benötigt, wird in der Uni andere Erfahrungen machen als ein cis Mann.

In der Wissenschaft wird in dem Fall auch von Intersektionalität gesprochen: damit wird auf die Wechselbeziehungen und Überlagerungen verschiedener Achsen der sozialen Ungleichheit und den daraus hervorgehenden spezifischen (Diskriminierungs-)Erfahrungen eingegangen. Die Rechtstheoretikerin Kimberlé Crenshaw prägte dafür den Begriff der Intersektionalität und mit ihm das Bild einer Straßenkreuzung, auf der sich ungleichheitsformende soziale Diskriminierungsverhältnisse schneiden und von denen Menschen daher sehr unterschiedlich betroffen sein können. Der Kampf für die Anerkennung von Differenz und Identität ist aber „so alt wie die Kämpfe gegen Versklavung und Kolonialismus“, schreibt die Soziologin Natasha A. Kelly. Schon 1851 stellte die Frauenrechtlerin Sojourner Truth in ihrer Rede bei der Womens Convention in Akron, Ohio, die Frage „Ain’t I a Woman?“ Bin ich keine Frau? Sie kritisierte unter anderem die Tatsache, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts kein Wahlrecht besaßen, und die Präsenz von Rassismus und Klassenunterdrückung innerhalb der Frauenbewegung selbst.

„Wissenschaftlich betrachtet ist Intersektionalität ein soziologisches Konzept, das erlaubt, Identität als vielschichtiges Konstrukt zu verstehen. Im Gegensatz zu Queer Theory, die Identitätskategorien an sich infrage stellt, funktioniert die Intersektionalitätstheorie wie ein Prisma, durch das einzelne Kategorien und ihre Verbundenheit miteinander betrachtet werden können.“ (Natasha A. Kelly 2017)

Mithilfe einer intersektionalen Perspektive können eindimensionale Analysen von Ungleichheit überwunden, Unterschiede und Identitäten anerkannt und gesellschaftliche Herrschaftsstrukturen sichtbar gemacht werden.

„Nicht gesehen werden, nicht gehört zu werden, ist unerträglich. Weil es unsere Menschlichkeit infrage stellt.“ (Emilia Roig 2021). 

Um Veränderung anzustoßen und Solidarität auszuüben, ist es notwendig, verschiedene Erfahrungen und Lebensrealitäten anzuerkennen, die eigene Verwobenheit in bestehende Herrschaftsstrukturen und die damit verbundenen Privilegien zu reflektieren und letztendlich am Abbau von Sexismus, Rassismus, Behindertenfeindlichkeit und anderen Diskriminierungsstrukturen mitzuwirken.


*Weißsein und Schwarzsein stehen nicht für biologische Eigenschaften oder gar reelle Hautfarben. Vielmehr soll durch diese Schreibweisen die politische und soziale Konstruktion kenntlich gemacht werden.

Schwarze Menschen ist eine politische Selbstbezeichnung und wird aus diesem Grund immer großgeschrieben. Diese Schreibweise verweist auf die gemachten Rassismuserfahrungen von Menschen. Auch hier geht es wieder nicht um biologische Eigenschaften oder eine Farbbezeichnung.

Weiße Menschen wird kursiv und im Satz kleingeschrieben. Diese Schreibweise verweist auf eine privilegierte Position innerhalb unserer Gesellschaft, die durch Rassismus strukturiert ist. Sie macht außerdem sichtbar, dass Weißsein keine ‚natürliche‘ Kategorie ist, sondern sozial konstruiert.

Wenn du mehr über das Thema Intersektionalität lernen möchtest, schau doch mal in unserem virtuellen Selbstlernkurs vorbei.

Tagung „MeToo in Science“: Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt an Hochschulen – Wege zu innovativer Prävention

17.06./01.07.21 | 16-19.30 Uhr

Via Zoom

Eine Kooperation des Marie Jahoda Centers for International Gender Studies (Ruhr-Universität Bochum), des Zentrums für Geschlechterstudien/Gender Studies Paderborn (Universität Paderborn) und der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Paderborn.

Die #MeToo-Debatte, die seit dem Jahr 2017 insbesondere die internationale Medien-, Kunst- und Kulturszene erschüttert, erhöhte auch an den Hochschulen in Deutschland die Aufmerksamkeit für das bis dahin stark tabuisierte Themenfeld der sexualisierten Diskriminierung und Gewalt.

Ein Meilenstein bildete die Empfehlung der 24. Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz vom 24.04.2018, die sich gegen sexualisierte Diskriminierung und sexuelle Belästigung an Hochschulen richtete und verschiedene Maßnahmenpakete beinhaltete. Die DFG hat zudem den Kodex „Leitlinien guter wissenschaftlicher Praxis“ verabschiedet, der am 01.08.2019 in Kraft trat. Dieser umfasst in Leitlinie 4 auch Maßnahmen gegen Machtmissbrauch sowie das Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen. Die Mitgliedshochschulen sind gehalten, bis zum 31.07.2021 die Umsetzung der Leitlinien des Kodex zu gewährleisten.

Wie dringend notwendig auch an Hochschulen eine intensive(re) Beschäftigung mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt ist, zeigten nicht zuletzt verschiedene Fälle der Jahre 2017-2019, die unterschiedliche Hochschultypen und Forschungseinrichtungen betrafen. Sie wurden in überregionalen Medien intensiv verfolgt. Darüber hinaus beschäftigten sich einschlägige Zeitschriften wie „Forschung & Lehre“ sowie die „DUZ“ in Artikeln mit dem Umgang der Hochschulen mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt. Es lässt sich sagen: Die #MeToo-Debatte führte an den Hochschulen das Thema der sexualisierten Diskriminierung und Gewalt endlich aus dem „Dunkelfeld“.

Der hochschulische Alltag zeigt jedoch auch: Der Weg hin zu einem offeneren Diskurs und einem kompetenten Umgang mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt ist weit. Zwar existieren an deutschen Hochschulen vielfach Richtlinien, die – durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) angestoßen – das Thema der sexualisierten Diskriminierung und Gewalt adressieren. Jedoch herrscht unter Jurist*innen Uneinigkeit darüber, ob diese über die Hochschulbeschäftigten hinaus auch für Studierende Gültigkeit haben. An vielen Hochschulen sind schließlich die Verfahrenswege bei konkreten Vorfällen unklar. Unklar erscheint überdies, ob und in welchem Umfang Präventionsmaßnahmen überhaupt zur Umsetzung kommen bzw. geeignet sind, ihr intendiertes Ziel zu erreichen.

Die Tagung „MeToo in Science“ nimmt sich mit zwei Veranstaltungen (17.06.2021, 16:00-19:30 Uhr; 01.07.2021, 16:00-19:30 Uhr) dieser komplexen Situation an, um die Diskussion über strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen zu intensivieren sowie den Austausch über innovative Präventionsmaßnahmen zu führen. Sie richtet sich an Wissenschaftsorganisationen, Hochschulleitungen, Ministerien, Gleichstellungsbeauftragte, Mitarbeiter*innen in beratender Tätigkeit (Studierende/Personen im Qualifikationsprozess), Ombudspersonen, Wissenschaftler*innen, Wissenschaftmanager*innen, Personalräte/Gewerkschaften und andere Interessierte.

Der erste Tagungsteil (17.06.2021, 16:00-19:30 Uhr) befasst sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen. Impulse aus dem Bereich der Rechtswissenschaften geben Prof. Dr. Eva Kocher (Europa Universität Viadrina) und Prof. Dr. Ulrike Lembke (HU Berlin). Es diskutieren schließlich die Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes, Katarina Barley (Brüssel), und Prof. Dr. Birgitt Riegraf (Universität Paderborn).

Der zweite Tagungsteil (01.07.2021, 16:00-19:30 Uhr) fokussiert die Möglichkeiten geeigneter und innovativer Prävention, sexualisierter Diskriminierung und Gewalt an Hochschulen vorzubeugen und zu begegnen.

Haben Sie Fragen zur Veranstaltung? Bitte wenden Sie sich an das Organisationsteam:

Ruhr-Universität Bochum: Dr. Beate von Miquel, E-Mail: beate.vonmiquel@rub.de

Universität Paderborn: Dr. Claudia Mahs, E-Mail: cmahs@mail.upb.de

https://mariejahodacenter.rub.de/metoo_in_science/

Flyer: MaJaC_FL_MeToo_Dinlanghoch_6seiter_RC6-web

Bitte melden Sie sich bis zum 07.06.2021 unter https://public.ruhr-uni-bochum.de/anmeldungen/Seiten/anmeldung-metoo.aspx?vid=50 an. Die Veranstaltung wird über ZOOM durchgeführt. Ein Link zur Veranstaltung geht Ihnen per E-Mail zu.