Wusstest du, dass Bildung nicht davor schützt, sich diskriminierend zu verhalten?

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Der Campus ist ein Ort, an dem die verschiedensten Menschen zusammenkommen und miteinander arbeiten, lernen und leben. Die Ruhr-Universität und der Campus als Lern-Ort steht nämlich allen Menschen offen – unabhängig von sozialer und regionaler Herkunft, Religionszugehörigkeit, Sexualität, Geschlechtsidentität, politischer Orientierung, Aussehen etc… Für ein gutes Miteinander ist es daher wichtig, dass wir uns begegnen, ohne voreingenommen zu sein.

Aber wusstest du, dass uns viele unserer Stereotype und Vorurteile seit Kindheitstagen beigebracht werden und wir diese erst wieder verlernen müssen, um diskriminierungssensibel zu denken und zu handeln?

Dieses Erlernen von unbewussten Urteils- und Wahrnehmungsmustern, die uns alle betreffen, und durch Erfahrungen, mediale Prägung und persönliche Erfahrungen entstehen, nennt man Unconcious Bias (auch: Implicit Bias). Diese führen zu vorschnellen Einschätzungen von Menschen und Situationen, welche uns auf der einen Seite zwar mental entlasten, da sie Routinehandlungen ermöglichen, auf der anderen Seite aber auch dazu führen, dass Minderheiten systematisch diskriminiert werden.

Menschen haben Vorurteile, weil diese grundsätzlich dazu dienen, sich schnell zu orientieren. Unbewusste Vorurteile können allerdings, z.B. in Bewerbungsprozessen, dazu führen, dass Führungskräfte eher Personen auswählen, die ihnen selbst ähnlicher sind. Diese Dynamik hat den Effekt, dass so bestimmte Gruppen eingestellt bzw. gefördert werden und privilegierter sind als andere. In solchen Fällen verzerren diese Stereotype und internalisierten Vorurteile die Wirklichkeit und somit die Lebensbedingungen vieler Menschen.

Eine 2023 an der RUB durchgeführte Studie hat ergeben, dass 14,69% der Studierenden, die an der Studie teilgenommen haben, während ihres Studiums regelmäßig an der RUB Diskriminierungserfahrungen machen. Diese Ergebnisse widersprechen der Selbstwahrnehmung von Universitäten als „Enlightened Organisations“[1], also als Organisationen, deren Angehörige ja nicht von Diskriminierung betroffen sein können, da alle Mitglieder der Universität über einen gewissen Grad an Bildung verfügen. Bildung schützt aber aufgrund unserer internalisierten Stereotype und Vorurteile nicht automatisch davor, sich selbst (unbewusst) diskriminierend zu verhalten, wenn man sich nicht selbst damit auseinandersetzt, also mit Themen wie Unconcious-Bias, Critical Whiteness und Intersektionalität

Um diese Stereotype und Vorurteile abzubauen, und solchen Situationen präventiv zu begegnen, muss man sich mit den eigenen unbewussten Glaubenssätzen und Vorurteilen (Unconcious Bias) auseinandersetzen und diese Denkmuster und -strukturen verlernen und neue Einstellungs – und Verhaltensweisen trainieren.

Aber wie kann ich das tun?

Ein erster Schritt ist zu akzeptieren, dass man solche Denkmuster und Stereotype besitzt und diese anschließend zu identifizieren. Dazu gehört, sich die eigenen Privilegien bewusst zu machen und Achtsamkeit für eigene Vorurteile und Privilegien und deren Auswirkungen zu entwickeln. Wichtig ist auch zu schauen, wo die Quelle für diese Vorurteile und Stereotype liegt und welche Erfahrungen wir gemacht und welche Normalitätsvorstellungen wir erlernt haben. Um diese dann zu verlernen, hilft es vor allem Wissen zu sammeln, sich zu reflektieren und dadurch die eigenen Perspektiven zu erweitern. Selbstreflexion, Privilegien-Checks und die Wahrnehmung eigener Vorurteile bilden die Grundlage dafür, aktiv ein „Entgegendenken“ zu entwickeln, also gezielt gegen die eigenen Stereotype und Vorurteile zu arbeiten und diese umzudenken bzw. aufzulösen

Die Antidiskriminierungsstelle der RUB bietet dazu für verschiedene (Status-)Gruppen regelmäßig Workshops und Weiterbildungsangebote an. Wir von UNSER CAMPUS möchten u.a. durch unsere Awareness-Kampagne darauf aufmerksam machen, dass es statusgruppenübergreifend zu Diskriminierung aufgrund von Unconcious Biases (z.B. die Frage von Dozierenden an Studierende, „wo sie denn wirklich herkommen“…) kommt. UNSER CAMPUS möchte dazu beitragen, dass mehr Menschen in universitären Kontexten ihre Unconcious Biases identifizieren, verlernen und so awarer ihren Mitmenschen gegenüber verhalten als auch dazu beitragen, strukturelle Ungleichheiten abzubauen.

Die Ruhr-Universität hat außerdem eine ganze Website mit weiteren Informationen sowie einem kostenfreien Selbstlernkurs veröffentlicht, diese findet ihr hier.

Zum Weiterlesen:

Wondrak, Manfred: Denkfehler! Wie Unconcious Bias entstehen, veröffentlicht unter: https://www.anti-bias.eu/wissen/entstehung-von-bias/denkfehler-wie-unconscious-bias-entstehen/ , 2020. (abgerufen am 11.11.2024).

Informationen zu Unconscious Bias und Stereotypen der Universität Bonn (abgerufen am 11.11.2024).

Ze.tt Magazin: Unconcious Bias: Unbewusste Vorurteile, veröffentlicht unter: https://www.zeit.de/zett/angebote/2021/gesellschaft/facebook/was-ist-bias-vorurteile/index (abgerufen am 11.11.2024).

Domsch, M.E. u.a.: UNCONSCIOUS BIAS – Eine Einführung zu Vorurteilen im Arbeitsleben, in: Domsch, M., Ladwig, D., Weber, F. (Hg.): Vorurteile im Arbeitsleben, Springer 2019, S. 3-20.

Völkle, H.: Unconscious Bias: Unbewusste Vorurteile erkennen und verändern, in: Huch, S. & Erlemann, M. (Hg.): Gender & Diversity Studies in MINT meets Naturwissenschaftsdidaktik. Edition Fachdidaktiken. Springer 2024, S. 193-207.

Anti-Bias-Netz (Hg.): Vorurteilsbewusste Veränderungen mit dem Anti-Bias-Ansatz, Lambertus 2021.


[1] Nach H. Pantelmann und S. Blackmore (Hrsg.), Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt im Hochschulkontext. Herausforderungen, Umgangsweisen und Prävention, Wiesbaden 2023.